Die Aktivitäten des Piratensenders BeoutQ bedrohen das System der Sportrechtevergabe. Doch wer steckt dahinter? Wie im Fall Khashoggi weisen die Indizien in die höchsten Kreise Saudi-Arabiens.
Wenn irgendwo bei den großen Fußballspielen auf dem Globus ein Tor fällt, können Fans in Saudi-Arabien das immer erst ein paar Sekunden später als der Rest der Welt sehen. WM, EM, Premier League, Bundesliga oder Champions League - all die wichtigen Turniere und Meisterschaften werden in dem Königreich live ausgestrahlt. Und zwar von einem Kanal, der nach allen vorliegenden Informationen in der saudischen Hauptstadt Riad sitzt. BeoutQ nennt sich dieser - und klaut seine Inhalte vom Sender beIN Sports im benachbarten Katar.
So
wie vor ein paar Wochen, als sich in der Bundesliga RB Leipzig und
Bayer Leverkusen duellierten. Da saß der Tunesier Naoufel Bachi in
seiner engen Reporterkabine in der katarischen Hauptstadt Doha und
bejubelte bei der Live-Übertragung auf beIN Sports drei Tore. Die Bilder
und sein Kommentar wurden auch von BeoutQ ausgestrahlt, immer mit knapp
acht Sekunden Verzögerung. "Das ist Diebstahl", sagt Bachi.
Dahinter steckt ein politischer Konflikt, der die Golfregion seit
mehr als einem Jahr lähmt. Im Juni 2017 verhängten Saudi-Arabien und
verbündete Staaten aus der Region eine Blockade gegen Katar, weil sie
dem reichen Emirat Terrorunterstützung vorwerfen. Tatsächlich aber geht
es darum, Katars Einfluss in der Welt zu stutzen.
Das kleine, aber reiche Emirat nutzt nicht nur den Nachrichtenkanal
Al-Dschasira für seine eigene Außenpolitik. Es hat sich auch in der
Sportwelt einigen Einfluss gesichert. Katar richtet die Fußball-WM 2022
aus. Dem Land gehört der französische Spitzenclub Paris Saint-Germain.
Schon mehrfach sind wichtige Sportereignisse in Katar ausgetragen
worden, so wie die Handball-WM. Und Katars Sender beIN Sports besitzt
die Rechte, um fast alle wichtigen Sportveranstaltungen in der
arabischen Welt auszustrahlen.
Kurz nach Beginn der Blockade verbot Saudi-Arabien die Ausstrahlung
von beIN Sports im Königreich. Etwas später ging der Piratensender an
den Start, mit einem Namen, der eindeutig auf das verfeindete Emirat
anspielt: BeoutQ - Be out Qatar.
Der Sender gibt sich zwar Mühe, die Herkunft seines Materials zu
verbergen, jedoch erfolglos. So kann er zwar das Logo von beIN Sports
oben rechts im Bildschirm mit eigener Grafik verdecken. Doch seit
einiger Zeit lässt beIN Sports eine Art Wasserzeichen durch das Bild
wandern - das dann auch bei BeoutQ zu sehen ist.
Auf seiner Internetseite gibt BeoutQ an, hinter dem Sender steckten
Firmen aus Kolumbien und Kuba. Vieles weist jedoch darauf hin, dass er
in Saudi-Arabien mit Segen der Regierung agiert. Die Schweizer Firma
Nagra, ein Verschlüsselungsspezialist, hat den Fall im Auftrag von beIN
Sports untersucht und festgestellt, dass der Sender über einen
Arabsat-Satelliten ausgestrahlt wird. Der Sitz von Arabsat: Riad.
Größter Anteilseigner des Satellitenanbieters: Saudi-Arabien.
Die Internetseite von BeoutQ lässt sich nur in Saudi-Arabien oder
eng befreundeten Ländern wie etwa Ägypten aufrufen. Ein Verkäufer mit
einer saudischen Nummer, der Receiver des Kanals anbietet, erklärte auf
Anfrage, ein Gerät koste 400 saudische Rial (rund 93 Euro) - das Geld
müsse von einem saudischen Konto überwiesen werden. Im Internet
kursieren zudem Listen mit Geschäften in verschiedenen saudischen
Städten, die BeoutQ im Angebot haben sollen. Ein Fußballfan berichtet
aus Riad, der Piratensender werde auch von seinem lokalen Anbieter ins
Kabelnetz eingespeist. "Plötzlich war er zu sehen", erzählt er.
Kurz vor dem Start des Senders schrieb zudem Saud al-Kahtani, einer
der engsten Vertrauten des saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman,
auf Twitter zum Hashtag "Blockiere Katars Bein Sports": "Bald wird es
eine Ersatzlösung geben, kostenlos oder zu einem symbolischen Preis."
Al-Kahtani ist einflussreich in Saudi-Arabien. Die USA machen ihn sogar
für die Planung des Mordes an dem Journalisten Jamal Khashoggi im
saudischen Konsulat in Istanbul verantwortlich.
Duncan Walkinshaw, beIN Sports-Programmdirektor, verfolgt BeoutQs
Aktivitäten mit einigem Ärger. "Das ist kein Piratensender aus einer
Garage oder einem Schlafzimmer", sagt der Brite, während er an etlichen
Bildschirmen entlang durch die Regiezentrale seines Senders in Doha
läuft. Es handele sich um eine "beispiellose" Großoperation, für die
massive Ressourcen notwendig seien. Für Walkinshaw steht fest: Dahinter
kann nur die saudische Regierung stecken. "Das macht mich unglaublich
wütend", stöhnt er. "Das hier ist unsere Arbeit." Arabsat könnte BeoutQ
abstellen, sagte er: "Mit einem Handgriff."
beIN Sports sieht nicht nur seinen eigenen Sender geschädigt,
sondern das gesamte System der Rechtevergabe und damit ein
Milliardengeschäft in Gefahr. Sollte BeoutQ weitersenden, dürfte beIN
Sports nicht mehr gewillt sein, ähnlich hohe Beträge wie bisher für
Rechte zu bezahlen. "Wir werden das in unsere Entscheidung über den Kauf
von Rechten einbeziehen", sagt David Sugden, Kommunikationsdirektor des
Senders.
Die EU forderte Saudi-Arabien jetzt auf, schnelle Maßnahmen gegen
die Piraterie zu ergreifen. Auch die internationalen Sport-Verbände sind
alarmiert. Die Deutsche Fußball Liga erklärte, das "saudi-arabische
Piratenangebot BeoutQ" sei bekannt. Digitale Piraterie gefährde "die
dahinter liegenden Geschäftsmodelle". Die DFL behält sich weitere
Schritte vor. Riad aber streitet alle Vorwürfe ab und gab an, gegen
BeoutQ vorzugehen. Weder die saudische Regierung noch Arabsat reagierten
jedoch auf eine aktuelle Anfrage zu dem Fall.
Quelle: DF
Wenn irgendwo bei den großen Fußballspielen auf dem Globus ein Tor fällt, können Fans in Saudi-Arabien das immer erst ein paar Sekunden später als der Rest der Welt sehen. WM, EM, Premier League, Bundesliga oder Champions League - all die wichtigen Turniere und Meisterschaften werden in dem Königreich live ausgestrahlt. Und zwar von einem Kanal, der nach allen vorliegenden Informationen in der saudischen Hauptstadt Riad sitzt. BeoutQ nennt sich dieser - und klaut seine Inhalte vom Sender beIN Sports im benachbarten Katar.
So
wie vor ein paar Wochen, als sich in der Bundesliga RB Leipzig und
Bayer Leverkusen duellierten. Da saß der Tunesier Naoufel Bachi in
seiner engen Reporterkabine in der katarischen Hauptstadt Doha und
bejubelte bei der Live-Übertragung auf beIN Sports drei Tore. Die Bilder
und sein Kommentar wurden auch von BeoutQ ausgestrahlt, immer mit knapp
acht Sekunden Verzögerung. "Das ist Diebstahl", sagt Bachi.
Dahinter steckt ein politischer Konflikt, der die Golfregion seit
mehr als einem Jahr lähmt. Im Juni 2017 verhängten Saudi-Arabien und
verbündete Staaten aus der Region eine Blockade gegen Katar, weil sie
dem reichen Emirat Terrorunterstützung vorwerfen. Tatsächlich aber geht
es darum, Katars Einfluss in der Welt zu stutzen.
Das kleine, aber reiche Emirat nutzt nicht nur den Nachrichtenkanal
Al-Dschasira für seine eigene Außenpolitik. Es hat sich auch in der
Sportwelt einigen Einfluss gesichert. Katar richtet die Fußball-WM 2022
aus. Dem Land gehört der französische Spitzenclub Paris Saint-Germain.
Schon mehrfach sind wichtige Sportereignisse in Katar ausgetragen
worden, so wie die Handball-WM. Und Katars Sender beIN Sports besitzt
die Rechte, um fast alle wichtigen Sportveranstaltungen in der
arabischen Welt auszustrahlen.
Kurz nach Beginn der Blockade verbot Saudi-Arabien die Ausstrahlung
von beIN Sports im Königreich. Etwas später ging der Piratensender an
den Start, mit einem Namen, der eindeutig auf das verfeindete Emirat
anspielt: BeoutQ - Be out Qatar.
Der Sender gibt sich zwar Mühe, die Herkunft seines Materials zu
verbergen, jedoch erfolglos. So kann er zwar das Logo von beIN Sports
oben rechts im Bildschirm mit eigener Grafik verdecken. Doch seit
einiger Zeit lässt beIN Sports eine Art Wasserzeichen durch das Bild
wandern - das dann auch bei BeoutQ zu sehen ist.
Auf seiner Internetseite gibt BeoutQ an, hinter dem Sender steckten
Firmen aus Kolumbien und Kuba. Vieles weist jedoch darauf hin, dass er
in Saudi-Arabien mit Segen der Regierung agiert. Die Schweizer Firma
Nagra, ein Verschlüsselungsspezialist, hat den Fall im Auftrag von beIN
Sports untersucht und festgestellt, dass der Sender über einen
Arabsat-Satelliten ausgestrahlt wird. Der Sitz von Arabsat: Riad.
Größter Anteilseigner des Satellitenanbieters: Saudi-Arabien.
Die Internetseite von BeoutQ lässt sich nur in Saudi-Arabien oder
eng befreundeten Ländern wie etwa Ägypten aufrufen. Ein Verkäufer mit
einer saudischen Nummer, der Receiver des Kanals anbietet, erklärte auf
Anfrage, ein Gerät koste 400 saudische Rial (rund 93 Euro) - das Geld
müsse von einem saudischen Konto überwiesen werden. Im Internet
kursieren zudem Listen mit Geschäften in verschiedenen saudischen
Städten, die BeoutQ im Angebot haben sollen. Ein Fußballfan berichtet
aus Riad, der Piratensender werde auch von seinem lokalen Anbieter ins
Kabelnetz eingespeist. "Plötzlich war er zu sehen", erzählt er.
Kurz vor dem Start des Senders schrieb zudem Saud al-Kahtani, einer
der engsten Vertrauten des saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman,
auf Twitter zum Hashtag "Blockiere Katars Bein Sports": "Bald wird es
eine Ersatzlösung geben, kostenlos oder zu einem symbolischen Preis."
Al-Kahtani ist einflussreich in Saudi-Arabien. Die USA machen ihn sogar
für die Planung des Mordes an dem Journalisten Jamal Khashoggi im
saudischen Konsulat in Istanbul verantwortlich.
Duncan Walkinshaw, beIN Sports-Programmdirektor, verfolgt BeoutQs
Aktivitäten mit einigem Ärger. "Das ist kein Piratensender aus einer
Garage oder einem Schlafzimmer", sagt der Brite, während er an etlichen
Bildschirmen entlang durch die Regiezentrale seines Senders in Doha
läuft. Es handele sich um eine "beispiellose" Großoperation, für die
massive Ressourcen notwendig seien. Für Walkinshaw steht fest: Dahinter
kann nur die saudische Regierung stecken. "Das macht mich unglaublich
wütend", stöhnt er. "Das hier ist unsere Arbeit." Arabsat könnte BeoutQ
abstellen, sagte er: "Mit einem Handgriff."
beIN Sports sieht nicht nur seinen eigenen Sender geschädigt,
sondern das gesamte System der Rechtevergabe und damit ein
Milliardengeschäft in Gefahr. Sollte BeoutQ weitersenden, dürfte beIN
Sports nicht mehr gewillt sein, ähnlich hohe Beträge wie bisher für
Rechte zu bezahlen. "Wir werden das in unsere Entscheidung über den Kauf
von Rechten einbeziehen", sagt David Sugden, Kommunikationsdirektor des
Senders.
Die EU forderte Saudi-Arabien jetzt auf, schnelle Maßnahmen gegen
die Piraterie zu ergreifen. Auch die internationalen Sport-Verbände sind
alarmiert. Die Deutsche Fußball Liga erklärte, das "saudi-arabische
Piratenangebot BeoutQ" sei bekannt. Digitale Piraterie gefährde "die
dahinter liegenden Geschäftsmodelle". Die DFL behält sich weitere
Schritte vor. Riad aber streitet alle Vorwürfe ab und gab an, gegen
BeoutQ vorzugehen. Weder die saudische Regierung noch Arabsat reagierten
jedoch auf eine aktuelle Anfrage zu dem Fall.
Quelle: DF
Mia san Mia und Mia san Tripel